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Weihnachten, wie's früher einmal war!

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(Harry1974)

Weihnachten, wie's früher einmal war!
OMA, WIE WAR WEIHNACHTEN?

Martin (6) verbringt den 24. Dezember bei seiner Großmutter. Damit zu Hause das Christkind ungestört die Geschenke bringen kann. Trotz Vorfreude ist Martin fad. Er will nicht fernsehen und auch nicht Computer spielen. Martin will von der Oma (76) wissen: „Oma, Wie hast Du als Kind Weihnachten gefeiert?“

Die Oma von Martin ist mit ihren Eltern, Geschwistern und Großeltern in Weißenbach, einem Ortsteil von Reichraming im heutigen Nationalpark Kalkalpen aufgewachsen –d das Kinderleben dort erinnert ein wenig an Astrid Lindgrens Buch „Die Kinder von Bullerbü“.
„Ich war 1935 so alt wie Du jetzt“, sagt Oma Elfriede. Acht Personen teilten sich in den Haus zwei kleine Räume. Den Hofers gehörten zudem ein Schwein, zwei Ziegen und 15 Hühner. „Wir hatten keinen Strom, kein fernsehen und auch kein Telefon.“ Trotzdem oder gerade deswegen war weihnachten etwas Besonderes. Der 24. Dezember lief in dem achtköpfigen Haushalt nach fixen regeln ab. „Der Weihnachtstag war ein strenger Fasttag – zum Frühstück gab’s Milch mit Brot eingebrockt.“ Im Mittelpunkt stand am 24. Dezember am Vormittag das familieneigene Kripperl. „Mein Vater hat das Kripperl mit Wintergrün herausgeputzt.“ In kleinen Heften gab’s eine Art Blattgold zu kaufen – „das hat mein Papa ganz vorsichtig mit dem Rasierpinsel auf die Wintergrün-Blätter aufgetragen“, erzählt die Großmutter. Zu Mittag kam Fisolensuppe auf den Tisch, „dazu aßen wir Saubohnen und Erdäpfel. Für uns war das ein Festessen.“
Am Nachmittag mussten Elfriede und ihre Geschwister, obwohl überhaupt nicht müde, ins Bett gehen. In dieser Zeit wurde in der Stube der Christbaum von den Eltern geschmückt. „Bei uns Kindern besonders beliebt waren vier Schmetterlinge aus Schokolade.“ Die durften nicht angefasst werden. Die müsst ihr dem Christkind wieder zurück geben, sagte die Mama jedes Jahr. Auch selbstgemachte Schokolade und Kekse hingen am Baum. Am Abend ist der Großvater „raugga“* gegangen. In eine Gefäß aus Ton hatte er Weihrauch und die Glut aus dem Ofen. Mit diesem Brauch sollten böse Geister vertrieben werden. „Während er unterwegs war musste der Rest der Familie den ersten Rosenkranz beten.“
Das Abendessen bestand aus Milch, Malzkaffee und einem Germschober. „Jetzt kommt das Christkindl, sagte unser Vater, als wir es vor Aufregung kaum mehr aushielten. Wir mussten ins Schlafzimmer gehen und aufs Läuten einer Glocke warten – dann durften wir die Stube betreten.“ Die Geschenke hatte die Großmutter in einem blauen Viarfleck gesammelt. Ein Packerl nach dem anderen wurde verteilt: Der Großvater bekam Pfeifentabak, die Großmutter Bohnenkaffe, und die Eltern etwas zum anziehen oder Dinge für den Haushalt. „Mir brachte das Christkind neue Schulsachen und Gewand. Einen Radiergummi, eine Feder oder eine Bluse.“
Was bei den Geschenken nie fehlen durfte, war ein Gesellschaftsspiel. Fuchs und Henne oder Mühle – alles selbst gemacht. „Nach der Bescherung versammelten wir Kinder uns immer wieder um den Christbaum.“ Durch die Hitze begann die selbstgemachte Schokolade zu schmelzen. „Gell Mama, den dürfen wir schon essen.“ Statt Chips und soletti knabberte Groß und Klein an Apfelspeigerln und Nüssen.
„Nach dem letzten Rosenkranz mussten wir gegen halb eins endgültig ins Bett gehe – „bescheidene, aber friedvolle Weihnachten, schwärmt die Oma. Der sechsjährige Martin kann das nicht ganz glauben. Er fand die Geschichte zwar schön, ist aber doch froh, dass ihm das Christkind heuer eine neue Playstation bringt. Hoffentlich.

Erklärungen:
- Einbrocken: Brot oder Kuchen in Flüssigkeit tauchen
- Viarfleck: (Viar kommt von Vorne) Große Alltagsschürze für die Frauen
- Wintergrün: Efeugewächs. Die Männer gingen, ähnlich wie beim Edelweiß, große Risiken ein, um die schönsten Exemplare zu pflücken
- Germschober: Kuchen aus Germteig
- Raucha oder raugga gehen: Ein alter Brauch, der vielerorts auch heute noch lebendig ist. Früher durften nur Männer mit dem Weihrauch böse Geister aus Haus und Stall vertreiben. Während des Rundgangs mussten alle Lichter gelöscht werden.

QUELLE: OÖN von 19.12.03 by Martin Dunst

Anmerkung:

Ob etwas vom Geist dieser Geschichte wohl jemals noch wieder in der heutigen konsumorientierten, schnellebigen Zeit in unser aller Herzen Einzug finden wird? Ohne hoffentlich je wieder zu erleben was vier Jahre nach dieser Geschichte über unsere Eltern und Großeltern heingebrochen ist!?! Doch wird das wohl ein Wunschtraum bleiben, so lang es Mnschen gibt auf diesem Planeten.

Trotzdem, oder gerade deswegen Euch allen, ein frohes, friedliches Weihnachtsfest und besinnliches Zusammensein im Kreise Eurer Lieben

Euer

Harry ausm Mühlviertel
21.12.2003 10:41